Aus der Mitte meines Körpers – ein Erfahrungsbericht aus Carolinas Körperprozess-Marathon
Als ich an diesem Freitagmittag durch die Tür trat, wusste ich nicht genau, was mich erwartet. Ich hatte mich für Carolinas Körperprozess-Marathon angemeldet, aus einem Impuls heraus, der leiser war als ein Gedanke – eher wie ein inneres Nicken meines Körpers. Nicht aus Schmerz, nicht aus einem konkreten Symptom heraus, sondern aus dem Gefühl, dass da etwas in mir festgehalten war, das ich allein nicht zu lösen vermochte. Und natürlich war da auch Neugier!
Der Raum war hell, ruhig, wohlriechend. Sechs Menschen, die sich zum Teil kannten, zum Teil auch nicht, saßen nun in einem Kreis, verbunden durch nichts als die Bereitschaft, ihren Körpern zuzuhören. Carolina begrüßte uns mit jener stillen und herzlichen Klarheit, die nichts erklären muss, um verstanden zu werden. Sie erzählte vom MTVSS, einem der tiefgreifendsten Körperprozesse, mit denen sie arbeitet – ein Zugang zur Intelligenz des Körpers, der weit über das hinausgeht, was Worte benennen können.
Wir bildeten Paare. Jeder von uns würde einen Prozess geben und einen empfangen, je eine Stunde lang. Und das Ganze dann noch eine Runde. Carolina lud uns ein, zu spüren, welches Körpersystem heute bei uns im Vordergrund stand – nicht zu analysieren, sondern zu horchen. Ich spürte einen feinen Druck im Brustkorb, eine Art Zurückhaltung im Atmen, die mir erst in diesem Moment bewusst wurde. Also entschieden wir uns in meiner ersten Runde für den MTVSS auf das Atmungssystem.
Ich legte mich hin, ganz angezogen, auf eine gemütliche Therapieliege und schloss die Augen. Die Berührung meiner Partnerin war ruhig, klar, ohne Absicht. Es wurde nichts „gemacht“ an mir – vielmehr durfte mein Körper selbst entscheiden, was er annehmen wollte. Zunächst war da nur Wärme. Dann ein Gefühl von innerer Weite, als hätte jemand die Fenster geöffnet. Mein Atem begann sich zu vertiefen, nicht weil ich daran dachte, sondern weil mein Körper endlich loslassen durfte, was ihn unbewusst zurückhielt.
Während ich lag, hörte ich leise Bewegungen aus anderen Ecken des Raumes. Jemand arbeitete mit dem MTVSS für das Verdauungssystem, ein anderer für das Lymphsystem. Und obwohl ich diese Berührungen nicht empfing, spürte ich ihre Wirkung. Der ganze Raum war wie aufgeladen – nicht laut, nicht dramatisch, sondern wie eine stille Strömung unter der Oberfläche, in der sich alles miteinander verbindet.
In der zweiten Runde wechselten wir. Ich war nun die Gebende. Ich legte meine Hände auf die Gelenke meiner Partnerin, die sich für den MTVSS auf die Muskulatur entschieden hatte. Ich spürte, wie mein eigener Körper mitschwang – als würde ich gleichzeitig geben und empfangen, als wäre da kein Unterschied. Auch meine Schultern wurden weiter, mein Nacken freier. Die Energie, die durch meine Hände floss, war nicht meine – sie gehörte dem Prozess, dem Raum, vielleicht der Intelligenz, die in jedem Körper wohnt.
Je länger wir uns gegenseitig die Prozesse gegeben haben, desto gelöster wurde auch die Stimmung im Raum. Einerseits war da eine berührende Stille und andererseits wurde gelacht und geredet. Das war für mich eine ganz neue, interessante Erfahrung. Einfach schön.
Als wir am Ende angelangt sind, war etwas anders. Die Gesichter waren entspannt, positiv und alle waren irgendwie von Leichtigkeit getragen. Daniela war neben mir. Sie hatte das Problem, dass sie kaum geschlafen hatte in den Wochen davor. Dies hatte sie allerdings im Laufe des Tages nicht erwähnt. Nun sagte sie leise: „Mein Körper ist zum ersten Mal irgendwie still.“
Ich selbst konnte es nicht ganz in Worte fassen. Nur dieses Gefühl blieb: als hätte mein Körper sich erinnert, wie es ist, ganz bei sich zu sein.
Es war keine große Erkenntnis. Kein lautes Aha.
Es war ein Nach-Hause-Kommen.
In meinem Brustkorb war wieder Raum.
In meinem Atem – Vertrauen.
In mir – ein stilles Ja.
– eine Teilnehmerin